Anti-Corona-Paket 3.0
Am 14. Mai 2020 ist das sogenannte Anti- Corona-Paket 3.0 in Kraft getreten – ein weiteres Gesetz zur Änderung der bisherigen Maßnahmen des Anti- Corona-Pakets. Nachfolgend sind die wichtigsten Änderungen im Bereich des Arbeitsrechts aufgeführt:
Befreiung von der Zahlung von ZUS-Beiträgen
Das Recht, von den ZUS-Beiträgen für April und Mai 2020 befreit zu werden, wurde erweitert und steht auch folgenden Personen zur Verfügung:
- Selbständigen, deren Einnahmen im ersten Monat, für den der Antrag auf Befreiung von den Beiträgen gestellt wurde, mehr als 300% des prognostizierten durchschnittlichen Monatsgehalts (PLN 15.681) betrugen, sofern:
- sie ihre Geschäftstätigkeit vor dem 1. April 2020 geführt haben und
- sie im ersten Monat, für den der Antrag eingereicht wurde, ein Einkommen von höchstens PLN 7.000 erzielt haben;
- Personen, die von der „Startzulage“ (Poln. Ulga na start – Befreiung von Sozialversicherungsbeiträgen mit Ausnahme der Krankenversicherungsbeiträge) profitieren, sofern:
- sie ihre Geschäftstätigkeit vor dem 1. April 2020 geführt haben und
- sie im ersten Monat, für den der Antrag gestellt wurde, Einnahmen von höchstens PLN 15.681 erzielten. Wenn die oben genannte Bedingung nicht erfüllt ist, hängt die Möglichkeit, von dieser Befreiung profitieren zu können davon ab, dass diese Person ein Einkommen von höchstens PLN 7.000 im ersten Monat erzielt, für den der Antrag eingereicht wurde.
Die Möglichkeit, die oben genannten Personen von der Pflicht zur Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge für April und Mai 2020 zu befreien, gilt auch dann, wenn diese bereits bezahlt wurden.
Unser Kommentar: Es ist zu beachten, dass die Befreiung von den Beiträgen in diesem Fall nur für zwei Monate gilt.
Erweiterung des Umfangs der Daten, die der Sozialversicherung gemeldet werden
- Bei der Anmeldung einer Person zur Sozialversicherung muss der Arbeitgeber zusätzlich den Beruf des Arbeitnehmers angeben.
Unser Kommentar: Mit diesen Bestimmungen soll die Abwesenheit von Arbeitnehmern aus bestimmten Wirtschaftssektoren eingeschätzt werden können.
Höhere abzugsfreie Beträge der Vergütung
- Wenn aufgrund von Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Bekämpfung der Folgen der COVID-19 Pandemie das Gehalt eines Arbeitnehmers gekürzt wird oder das Familienmitglied des Arbeitnehmers seine Einkommensquelle verliert, sind die abzugsfreien Beträge gemäß Art. 87¹ des polnischen Arbeitsgesetzbuchs für jedes Familienmitglied, das kein Einkommen hat und von diesem Arbeitnehmer unterhalten wird, um 25% zu erhöhen.
- Ein Familienmitglied ist: ein Ehegatte oder ein Elternteil eines eigenen Kindes, ein Kind bis zum Alter von 25 Jahren sowie ein Kind nach dem 25. Lebensjahr mit einer Behinderungsbescheinigung, wenn ihm im Zusammenhang mit dieser Behinderung Anspruch auf eine besondere Pflegezulagen zusteht.
Unser Kommentar: Da der Zeitraum, innerhalb dessen die oben genannten Vorschriften anzuwenden sind, nicht festgelegt wurde, können sie möglicherweise von Schuldnern missbraucht werden.
Ausweitung des Anspruchs auf Ausfallzeitzulage für Einzelunternehmer
- Die Ausfallzeitzulage wird auch Unternehmern gewährt, die ihre Geschäftstätigkeit vor dem 1. April 2020 aufgenommen haben.
Unser Kommentar: Bisher bestand die Verpflichtung, die Geschäftstätigkeit vor dem 1. Februar 2020 aufgenommen zu haben.
Änderungen in Bezug auf Ausländer
- Ein Ausländer wird unter geänderten Bedingungen arbeiten können, d.h. es ist möglich, ihn anzuweisen, Fernarbeit zu leisten oder ihm die Arbeitszeit zu verkürzen, ohne dass die Erlaubnis des Ausländers geändert oder eine neue Erlaubnis eingeholt werden muss (dies umfasst unter anderem vorübergehende Aufenthalts- und Arbeitserlaubnisse oder saisonale Arbeitserlaubnisse) bzw. ohne dass eine neue Erklärung über das Anvertrauen von Arbeit an einen Ausländer in das Register dieser Erklärungen einzutragen ist.
- Ausländer sind berechtigt, Saisonarbeit aufzunehmen, ohne dass eine Genehmigung erforderlich ist, wenn sie eine nach dem 13. März 2020 gültige Arbeitserlaubnis oder, alternativ, eine Erklärung über das Anvertrauen von Arbeit an einen Ausländer haben, die in das Register solcher Erklärungen eingetragen ist, bei der mindestens ein Tag in dem in dieser Erklärung angegebenen Arbeitszeitraum nach dem 13. März 2020 liegt.
Unser Kommentar: Diese Bestimmungen beseitigen die Zweifel in Bezug auf die Möglichkeit, ob Anti-Corona Maßnahmen durch Arbeitgeber angewandt werden können, die Ausländer beschäftigen. SSW hat eine solche Interpretation von Anfang an unterstützt, weshalb wir froh sind, dass diese Zweifel beseitigt wurden.
Änderungen in Gerichtsverfahren
- Verfahrens- und Gerichtsfristen (auch in Verfahren vor Arbeitsgerichten), die ausgesetzt wurden, beginnen oder fangen wieder an nach 7 Tagen ab dem Datum des Inkrafttretens des Anti-Corona-Pakets 3.0 zu laufen (d. h. ab dem 23. Mai 2020).
- Während des Epidemie-Zustands oder der Epidemie-Bedrohung und innerhalb eines Jahres nach deren Beendigung:
- ist es möglich, Gerichtssitzungen / Verhandlungen aus der Ferne durchzuführen, es sei denn, die Durchführung einer „traditionellen“ Gerichtssitzung keine übermäßige Gefahr für die Gesundheit der daran teilnehmenden Personen darstellt;
- Das Gericht (mit Ausnahme des Vorsitzenden und des Sachbearbeiters des Falls) kann aus der Ferne an der Verhandlung teilnehmen, mit Ausnahme der abschließenden Sitzung zum Abschluss der Verhandlung;
- Nichtöffentliche Sitzungen finden häufiger nach der Verordnung des Vorsitzenden statt.
- Wenn alle Beweise in einem gegebenen Fall vorliegen, kann das Gericht, nachdem es zuvor die Positionen der Parteien schriftlich eingeholt hat, den Prozess abschließen und in einer nichtöffentlichen Sitzung ein Urteil fällen.
- In Fällen, in denen die Berufung vor dem 7. November 2019 eingelegt wurde, kann eine Berufung ohne Verhandlung geprüft werden. Eine Ausnahme gilt dann, wenn eine Partei eine Verhandlung oder Durchführung von Beweisen aus Zeugenaussagen oder aus einer Anhörung der Parteien beantragt, wenn diese nicht ausgelassen werden können – in diesem Fall kann die Verhandlung nicht durch eine nichtöffentliche Sitzung ersetzt werden.
Unser Kommentar: Durch die Willkürlichkeit und Ambiguität der in den vorstehenden Bestimmungen enthaltenen Vorschriften kann es in Zukunft zu Problemen bei deren Auslegung kommen. Die eingeführten Änderungen erfordern auch den Einsatz elektronischer Kommunikationsmittel, was zumindest für kleinere Gerichte ein Problem darstellen kann.